Geschichte
Wie jedem alteingesessenen Leobner Student bekannt sein dürfte und jedem frischgebackenen Schwammerl wahrscheinlich sofort auffallen wird, ist Leoben vor allem eines: anders.
Dies äußert sich aber nicht nur in unserer kleinen und familiären Uni, sondern auch in der besonderen couleurstudentischen Tradition. Ein Teil davon sind wir, die „Kristaller“. Unsere Verbindung wurde im Jahre 1954 gegründet und ist seitdem in Leoben beheimatet- genauer gesagt befindet sich unser Vereinsheim, die Bude, seit einigen Jahren in der Schießstattstraße 5 in Judendorf.
Wer schon einmal am Ledersprung oder am Bierauszug teilgenommen hat, der hat auch uns schon gesehen; wir sind die mit der hellblauen Mütze und dem schwarz-silber-blauen Band um die Brust! Unsere Farben tragen wir also bei internen sowie offiziellen universitären Veranstaltungen.
Mithilfe der Farben kann man auch die 10 verschiedenen Verbindungen leicht unterscheiden, was ansonsten aufgrund der recht ähnlichen Erscheinungsformen recht schwierig wäre. Neben den äußerlichen Gemeinsamkeiten gibt es allerdings große ideelle Unterschiede. So tragen wir bzw. einige unserer Mitglieder bei offiziellen Veranstaltungen aus traditionellen Gründen noch heute einen Degennachbau, der Schläger genannt wird. Die Benutzung des Schlägers als Waffe, wie dies bei anderen studentischen („schlagenden“) Zusammenschlüssen wie Burschenschaften oder Corps gehandhabt wird, lehnen wir aber strikt ab. (Ganz abgesehen davon, dass diese Schläger stumpf und gar nicht als Waffe brauchbar sind.) Damit ist klar, dass wir die sogenannte „Mensur“, bei der innerhalb schlagender Verbindungen mit scharfen Klingen gegeneinander gefochten wird, natürlich nicht ausüben. Gemeinsam mit der K.Ö.St.V. Glückauf sind wir auch jene Verbindung, die eine enge Verbundenheit zum katholischen Glauben lebt.
Nun, was bedeutet es jetzt, Mitglied in unserer Verbindung zu sein? Zum einen haben wir einige Gemeinsamkeiten, die in dem Kürzel K.Ö.St.V. zusammengefasst sind: Wir sind katholisch, bekennen uns zur demokratischen Republik Österreich, außerdem sind wir (wer
hätte das gedacht?) Studenten an der Montanuni, und schließlich sind wir durch Freundschaft verbunden. Summa Summarum sind wir also eine katholisch- österreichische Studentenverbindung. Diese vier Gemeinsamkeiten bilden auch unsere Grundprinzipien, die wir kurz mit den lateinischen Bezeichnungen religio, patria, scientia und amicitia zusammenfassen.
In Österreich gibt es 46 akademische Verbindungen, die auf diesen Prinzipien basieren, mit rund 12.000 Studenten und Akademikern als Mitglieder. Für die Administration und Kommunikation zwischen den Verbindungen wurde ein Dachverband eingerichtet, der Österreichische Cartellverband (ÖCV). Dieser ist der größte Akademikerverband Österreichs; er besteht nunmehr seit 1933 und soll die gemeinsamen Interessen vertreten und die Zusammenarbeit erleichtern.
Doch zurück nach Leoben, zurück zur Kristall! Es gibt außerdem einen Wahlspruch, der für uns besonders charakteristisch ist. Dieser lautet „Arbeit Glaube Freundestreue“ und dient uns als Leitfaden- nicht nur innerhalb der Verbindung. Man kann dieses Motto ja auf sehr viele Bereiche des Lebens übertragen!
So mancher Leser mag sich allerdings fragen, was man eigentlich als Couleurstudent tut, oder was einen Kristaller auszeichnet. Also, unsere Aktivitäten sind breit gestreut- unter anderem finden regelmäßig kleinere Seminare statt, oder wir sitzen lustig bei einem Bier zusammen und feiern eine Kneipe. Oder man trifft sich einfach auf der Bude, um sich zu unterhalten oder zusammen zu lernen- egal was, es findet sich bestimmt jemand, der mitmacht. Immer wieder machen wir auch bei sportlichen Wettkämpfen mit, zum Beispiel bei der Uni- Fußballmeisterschaft oder beim Eisstockschießen.
Natürlich gibt es in unserer Verbindung auch Funktionäre, welche jedes Semester neu gewählt werden. Neben Senior (Obmann) und dessen Stellvertreter, dem Consenior, gibt es natürlich Schriftführer, Kassier und den Budenwart, der für unser Vereinsheim verantwortlich ist. Eine besondere Aufgabe kommt dem Fuchsmajor zu. Dieser ist beim Ledersprung für die Springer zuständig, also jene meist Erstsemestrigen, die in ihren neuen Stand springen. Außerdem kümmert er sich um die neuen Mitglieder der Verbindung (die Fuchsen), um sie ins Verbindungsleben einzuführen. Nach der Fuchsenzeit, die als Probezeit gedacht ist, wird man dann zum „Bursch“ und damit zum vollwertigen Verbindungsmitglied.
Die nächste Station nach dem Burschendasein ist die Philistrierung. Nach der Beendigung des Studiums endet die Mitgliedschaft bei Kristall keineswegs, man erreicht allerdings den Status eines „Alten Herren“. Die ganze Verbindung ist demnach zweigeteilt, und zwar in einen aktiven Teil, zu dem alle Studierenden gehören, und der Altherrenschaft, in der alle Absolventen zusammengefasst sind.
Ein wichtiges Merkmal ist jedoch, dass sich alle Kristaller, egal ob zwanzigjähriger Fuchs oder neunzigjähriger Alter Herr, immer mit „du“ ansprechen- eine weitere Ausprägung der besonderen Lebensfreundschaft zwischen uns.
Der Ledersprung jedenfalls ist immer ein unvergessliches Erlebnis.
Auch der jährlich am Tag nach dem Ledersprung stattfindende Barbarakommers ist immer eine schöne Veranstaltung. Dieser wird von Kristall und Glückauf gemeinsam gefeiert.
Es bleibt mir nur zu hoffen, dass ich dem Leser einen Einblick in das Verbindungsleben unserer K.Ö.St.V. Kristall geben konnte. Der beste Weg aber, das Couleurstudententum kennenzulernen, ist- es zu leben.